Astronomie in Berlin
Reisebericht
(Fotos zu diesem Bericht folgen eventuell in der nächsten Zeit)
Flagge Berlins

Zu Ostern 1991 besuchte ich Verwandte in Berlin. Ich nützte diese Gelegenheit natürlich auch zum Besuch der Berliner Sternwarten. In der nun vereinten Stadt gibt es drei astronomische Institutionen: Die Wilhelm-Foerster-Sternwarte mit ZEISS-Planetarium in Schöneberg (ehemaliger Westteil), das ZEISS-Großplanetarium am Prenzlauer Berg (Ostteil) und die Archenhold-Sternwarte im Treptower Park (Ostteil).

Am Ostersamstag besuchte ich um 21 Uhr die Abendführung an der Wilhelm-Foerster-Sternwarte. Den Mittelpunkt dieser Sternwarte bildet der große "Bamberg"-Refraktor, der im Jahre 1889 in den Werkstätten von Carl Bamberg fertiggestellt wurde und zunächst in der Uraniasternwarte am Lehrter Bahnhof aufgestellt wurde. Nach der Zerstörung dieser Sternwarte im 2. Weltkrieg wurde das gerettete Instrument zunächst provisorisch unter einem Schiebedach aufgebaut. Erst 1962 kam es nach einer Generalüberholung in die neuerbaute Sternwarte.

Das zweilinsige Objektiv hat einen Durchmesser von ca. 32 cm und eine Brennweite von 5 m. Das komplette Fernrohr mit seiner Montierung hat ein Gewicht von 4400 kg, davon entfallen auf die beweglichen Teile allein ca. 2500 kg. Durch ein ausgeklügeltes System von Gegengewichten und Achsentlastungen ist das Instrument in jeder Lage im Gleichgewicht und kann leicht mit einer Hand bewegt werden. Für die Nachführung sorgt ein kleiner Synchronmotor mit einem Getriebe. Das Fernrohr ist mit Okularen ausgestattet, die je nach Bedarf Vergrößerungen von 60 bis 700fach ermöglichen. Da bei starken Vergrößerungen jede Erschütterung eine präzise Beobachtung stören würde, ist der große Refraktor auf einer separaten Betonsäule unabhängig vom Gebäude aufgestellt. Um in allen Stellungen des Fernrohres das Okularende gut erreichen zu können, wurde eine fahrbare Beobachtungstreppe gebaut, die so konstruiert ist, daß bei großem Andrang der Beobachterstrom am Okular vorbeigeführt werden kann.

Die über 100 Besucher fanden in der großen Kuppel (11 m Durchmesser) ohne Probleme Platz. Beim Beobachten bildete sich jedoch eine Warteschlange und Wartezeiten von 20 Minuten mußten in Kauf genommen werden. Während der gesamten Führung wurden drei Objekte (Jupiter, Castor und Mond) gezeigt, danach bedeckte sich leider der Himmel. Im Anschluß an diese Führung hatten wir noch die Möglichkeit uns ein weiteres Fernrohr anzuschauen.

In der etwas abseits vom Hauptgebäude stehenden Kuppel von 7 m Durchmesser befindet sich das optisch größte Fernrohr der Sternwarte, ein neues ZEISS-RC-Spiegelteleskop mit einem Spiegeldurchmesser von 750 mm und einer Brennweite von 5,6 m. Das Teleskop ist mit rechnergesteuerten Antrieben ausgerüstet. Die modernste Teleskoptechnik, wie sie heute auf modernen professionellen Sternwarten im Gebrauch sind, wurde angewendet. Weiters besitzt die Sternwarte seit kurzem einen modernen Großrechner zur Bildverarbeitung.

Natürlich gibt es außer der Öffentlichkeitsarbeit auch noch weitere Tätigkeitsgebiete: So findet seit 1947 eine regelmäßige Überwachung der Sonnenaktivität statt. Seit 1971 läuft die Auswertung der Fleckenaktivität mit EDV-Unterstützung, neuerdings auch die der Fackelaktivität. Auch die Planetenbeobachtung hat eine lange Tradition. Das bekannte Buch "Taschenbuch für Planetenbeobachter" wurde teilweise von der Sternwarte mitgestaltet. Selbstverständlich versucht man sich auch in Astrofotografie. Man denke nur an den bekannten "Berliner Mondatlas" der mit dem Bamberg-Refraktor aufgenommen wurde. Die wohl bekannteste Aktivität ist die Beobachtung der Veränderlichen Sterne. Die BAV (Berliner Arbeitsgemeinschaft für Veränderliche Sterne e.V.), zugleich die Fachgruppe Veränderliche Sterne der VdS, betreut als Zentrale der deutschen Veränderlichenbeobachter etwa 150 Mitglieder auf diesem Gebiet.

Am Ostermontag besuchte ich die Archenhold-Sternwarte. Leider hatte sie an diesem Tag geschlossen. Mit einer Länge von 21 m ist das große Linsenfernrohr dieser Sternwarte der längste Refraktor der Welt. Dieses 130 Tonnen schwere denkmalgeschützte Instrument ist allerdings nicht nur ein Museumsobjekt, sondern auch heute noch, nach fast 100 Jahren, ein gebrauchsfähiges Gerät. Daneben besitzt die Sternwarte auch noch einige weitere Fernrohre wie z.B. ein Cassegrain-Spiegelteleskop mit 500 mm Öffnung, welches auch mit einem Fotometer ausgerüstet ist. Es gibt auch einen Jugendclub.

Abschließend sei noch gesagt, daß Berlin nicht nur von den Sehenswürdigkeiten, sondern auch astronomisch gesehen eine Reise wert ist. Allerdings sollte man die genauen Öffnungszeiten der astronomischen Einrichtungen kennen ...